Regel 36 EPÜ: neue Fristen für die Einreichung von Teilanmeldungen vor dem Europäischen Patentamt

Einreichung von Teilanmeldungen, Regel 36 EPÜDas Europäische Patentamt hat offensichtlich dem Druck zahlreicher europäischer Patentanmelder in Richtung einer Revision der strengen Regeln zur Einreichung von Teilanmeldungen vor dem Europäischen Patentamt nachgegeben und am 18. Oktober 2013 in einer  Presseerklärung verlautbaren lassen, dass unter anderem die umstrittene Regel 36 EPÜ mit Wirkung zum 1. April 2014 revidiert werden soll.

Gemäß der Presseerklärung, die bisher nur in englischer Sprache veröffentlicht wurde, hat der Verwaltungsrat auf seinem Treffen im Oktober 2013 eine Änderung der Regeln 36, 38 sowie 135 EPÜ beschlossen. Nach der neuen Regelung dürfen ab dem 1. April 2014 Teilanmeldungen wieder zu jeder anhängigen europäischen Patentanmeldung (Stammanmeldung) eingereicht werden. Die 24-Monatsregelung zur Einreichung von europäischen Teilanmeldungen wird damit de facto wieder abgeschafft.

Zusätzlich wird eine weitere Amtsgebühr als Teil der Grundgebühr für die Einreichung von Teilanmeldungen der zweiten und folgenden Generation eingeführt. Mit anderen Worten wird die Einreichung einer Teilanmeldung zu anhängigen europäischen Teilanmeldungen eine weitere Amtsgebühr nach sich ziehen. Diese Teilungsgebühr soll progressiv mit der Anzahl an Generationen der Teilanmeldungen steigen, bis zu einem noch zu benennenden Gebührenhöchstbetrag.

Viele Anmelder werden die neue Regelung begrüßen, nach der Teilanmeldungen nun auch für einen längeren Zeitraum der Anhängigkeit der Stammanmeldung wieder möglich sind. Da in zahlreichen EPÜ-Staaten auf nationaler Ebene ähnliche Vorschriften für die Einreichung von Teilanmeldungen existieren, z.B. in Deutschland, führt die (Rück-)Änderung der Regel 36 EPÜ letztlich zu einer innereuropäischen Harmonisierung des Patentrechts und somit auch zu einer Vereinfachung des Rechts. Für Patentanwaltskanzleien sowie Industrieabteilungen wird die Fristüberwachung künftig deutlich einfacher.

Die Überwachung der Fristen nach Regel 36 EPÜ wurde insbesondere deshalb als schwierig und fehleranfällig erachtet, weil zu jeder Teilanmeldung der Eingang des ersten Bescheides der Prüfungsabteilung der dazugehörigen ersthinterlegten Stammanmeldung notiert werden musste. Zudem gab es einige Diskussionen um die Fragestellung, was als erster Bescheid der Prüfungsabteilung anzusehen ist. Diese Schwierigkeiten sollten ab dem 1. April 2014 für alle zu diesem Zeitpunkt noch anhängigen europäischen Patentanmeldungen nicht mehr auftreten.

Die Einführung einer zusätzlichen Gebühr für die Einreichung von Teilanmeldungen folgt der bisherigen Praxis des Europäischen Patentamtes, nach der Entscheidungsprozesse der europäischen Patentanmelder im Wesentlichen auch durch die Erhebung von hohen Amtsgebühren beeinflussen werden soll (so auch Anspruchsgebühr, Seitengebühr, Jahresgebühren etc.).  Ein sachlicher Grund für die Erhebung einer weiteren Gebühr speziell für Teilanmeldungen, die über die ohnehin schon recht hohen „normalen“ Gebühren einer europäischen Patentanmeldung hinausgehen wird, ist nicht erkennbar.

Update 1 (22.10.2013): Eine Zusammenfassung der Änderungen, die auf der Versammlung des Verwaltungsrates am 16. Oktober 2013 beschlossen wurden, wurde vom European Patent Institute (epi) an seine Mitglieder versendet und steht als pdf-File zur Verfügung.

Update 2 (24.10.2013): Die Entscheidung des Verwaltungsrates vom 16. Oktober 2013 wurde vom Europäischen Patentamt am 24. Oktober 2013 in einer Presseerklärung veröffentlicht.

In einem weiteren Artikel beschäftigen wir uns mit den Rechtsfolgen und strategischen Aspekten, die nach den geänderten Regeln für den Anwender zu beachten sind.

Update 3 (08.04.2014): Gemäß der am 1. April 2014 in Kraft getretenen neuen Gebührenordnung werden für Teilanmeldungen ab der 2. Generation die folgenden Zusatzgebühren erhoben: 210 EUR (Teilanmeldung 2. Generation), 420 EUR (Teilanmeldung 3. Generation), 630 EUR (Teilanmeldung 4. Generation) und 840 EUR (Teilanmeldung 5. Generation).

Leider sind im Gegenzug keine Amtsgebühren gesenkt worden, wie an anderer Stelle bereits vermerkt.

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